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Beraterpool Wirtschaftsprüfung: Wie muss eine an Rohstoffknappheit angepasste Lagerung bewertet werden?

„Wir haben wegen der wachsenden Rohstoffknappheit für einige Materialien mit der Lagerhaltung begonnen, die über die üblichen zwei bis drei Wochen hinausgeht.
Worauf müssen wir bei der Bewertung dieser Vorräte achten?“

 

Unser Experte für das Thema Wirtschaftsprüfung, Dipl.-Kfm. Robert Zirch, von drei6null Zirch und Partner, kennt die Antwort: 

Wenn wegen knapper Rohstoffe oder schwankender Preise Vorräte vermehrt und länger auf Lager liegen, steigt die Relevanz deren Bewertung. Mindestens zu jedem Abschlussstichtag muss eine Prüfung der Werthaltigkeit erfolgen, je länger die Vorräte auf Lager liegen und je größer die Lagebestände sind, desto schwieriger gestaltet sich dieser Prozess. Bei der Abwertung ist zudem in der Handelsbilanz und der Steuerbilanz unterschiedlich vorzugehen, da hier verschiedene Zielsetzungen im Vordergrund stehen.

Grundsätzlich gilt, dass Vorräte einzeln zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten sind. Dazu gilt das strenge Niederstwertprinzip, nach welchem Vorräte auf einen niedrigeren Wert abzuwerten sind, selbst wenn dieser nur vorübergehend besteht. Eine Bewertung über Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist in jedem Fall ausgeschlossen. 


Vorsicht bei zu hoher Bewertung des Warenbestands 

Handelsrechtlich gilt das Vorsichtsprinzip – eine zu hohe Bewertung des Warenbestands ist zu vermeiden. Hier ist verpflichtend der niedrigere Wert anzusetzen, der sich aus geringeren Wiederbeschaffungskosten oder Verkaufspreisen ergeben kann. Dieser Wert ist für jedes Wirtschaftsgut einzeln zu bestimmen. Eine IT-basierte Lagerhaltungssoftware kann die Datengrundlage für eine solche Berechnung liefern.

Zusätzlich werden in der Praxis häufig sogenannte Gängigkeitsabschläge berechnet. Insbesondere bei steigender Lagerdauer bietet sich dieses pauschale Verfahren an, das handelsrechtlich anerkannt ist. Hierfür wird meistens das Reichweitenverfahren angewendet, welches den Lagerbestand ins Verhältnis zu den Abgängen setzt und Produkte mit längeren Reichweiten auf Basis von Erfahrungswerten abwertet. Dadurch können Überbestände oder ungängige Waren identifiziert und entsprechend bewertet werden, da hier das Risiko einer geringeren Verwertbarkeit besteht. 


Was gilt bei der steuerlichen Betrachtung? 

Steuerlich muss bei der Abwertung vorsichtiger vorgegangen werden. Erstens muss die Wertminderung hier dauerhaft vorliegen, eine vorübergehende Preissenkung ist nicht ausreichend für die steuerliche Teilwertabschreibung. Reichweitenabschläge ohne den zusätzlichen Nachweis einer dauernden Wertminderung sind daher kritisch. Die lange Lagerdauer allein rechtfertigt keine steuerliche Teilwertabschreibung, wenn die Waren zu unverändert hohen Preisen verkauft werden können. Im Zweifel muss hier für jedes Wirtschaftsgut, das abgewertet wird, ein Nachweis für die Wertminderung erbracht werden können.

Abschließend ist festzuhalten, dass bei steigender Lagerdauer die Bewertung der Vorräte an Relevanz gewinnt. Die Verwendung von Gängigkeitsabschlägen stellt ein einfach umsetzbares Verfahren dar, um den entstehenden Risiken gerecht zu werden. Zu beachten ist hierbei, dass steuerlich andere Regeln gelten und es gegebenenfalls zu Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz kommen kann.

 

Sie haben Rückfragen an Robert Zirch, unseren Experten für das Thema Wirtschaftsprüfung, oder wünschen eine tiefergehende Beratung?

Dann nehmen Sie jetzt direkt Kontakt auf: https://www.drei6null.de/kontakt 

WP / StB Robert Zirch